Wir alle stehen immer mal wieder vor kleineren oder grösseren Entscheidungen. Meist wägst du dann zwei Optionen oder Wege gegeneinander ab. Dass es eigentlich immer auch noch einen Seitenweg, eine Abkürzung oder eine dritte Option gibt, bleibt vor lauter Gedanken manchmal auf der Strecke. Was dann helfen kann, zeige ich euch im folgenden Artikel.
Heute stelle ich euch eine spannende Übung vor, die in der Coachingpraxis bei Entscheidungsprozessen oft eingesetzt wird: Das Tetralemma. Der ganz grosse Vorteil dieser Übung ist: Sie kann ganz einfach zuhause und alleine angewandt werden. Das Tetralemma hilft, dich von einer mentalen Ebene zu lösen und unbewusste Gefühle und Gedanken auf spielerische Art und Weise an die Oberfläche zu spülen. Es unterstützt dich somit dabei, dich für bisher noch nicht bewusst wahrgenommene Optionen zu öffnen. Ich jedenfalls wende die Übung immer mal wieder an für alle möglichen beruflichen und persönlichen Fragestellungen. Immer dann, wenn mir die Wahl zwischen zwei (offensichtlichen) Optionen schwerfällt und ich mich gedanklich im Kreis drehe.
Vorbereitung mit fünf Zetteln
Aber nun konkret zur Anwendung. Ich stelle hier das Tool in vereinfachter Form vor, damit du es möglichst leicht selbst durchführen kannst.
Zuerst erstellst du fünf sogenannte «Bodenanker» in Form von beschrifteten Zetteln:
a) Die ersten beiden Zettel beinhalten zwei Optionen, zwischen denen du dich (vermeintlich) entscheiden musst. Es sind meist zwei klare Gegenpole. Z.B. «Ich kündige und mache mich selbständig» und «Ich bleibe in meinem Job als Angestellte».
b) Auf den dritten Zettel schreibst du «Beides». Hier kann erstmals eine Irritation entstehen. Beides? Wie soll dies denn gehen? Es sind ja aus deiner Sicht klare Gegenpole, unvereinbar miteinander.
c) Der vierte Zettel beinhaltet «Keines von beiden». Auch hier wirst du vermutlich ins Stocken geraten. Kann es eventuell sein, dass die Lösung ganz woanders liegt? Dass es noch weitere Optionen gibt, die du nicht bedacht hast?
d) Auf dem fünften Zettel steht «All dies nicht und selbst das nicht.». Hier ist die Ebene des «Thinking outside the box» erreicht. Es darf fantasievoll, gross und vermeintlich unmöglich gedacht werden.
Ablauf der Übung
Nun legst du die vier ersten Zettel am Boden aus, in einer Entfernung von ca. zwei Metern (in Form eines Kreuzes). Die fünfte Karte wird ausserhalb des Kreuzes platziert. Du stellst dich der Reihe nach auf die Zettel (die oben beschriebene Reihenfolge unbedingt einhalten). Und fragst dich bei jedem Zettel: Was löst dieser Zettel aus bei mir? Schildere, was du spürst und welche Impulse in dir aufsteigen. Hier geht es erst einmal nur um das reine Körperempfinden – wie fühlt es sich an, wie reagiert der Körper. Lasse zu, dass hier ganz neue Betrachtungsweisen entstehen.
Am Schluss fragst du dich, welcher der fünf Zettel sich für dich am Positivsten angefühlt hat. Und dann startet die Reise erst so richtig. 😊 Nun gilt es ganz ehrlich und offen zu erforschen, was sich für dich hinter dieser Option verbirgt und welche Themen es hier zu entdecken und aufzuarbeiten gilt.
Viel Spass und Erfolg beim Erforschen und Beschreiten von neuen Wegen!
Weiterführende Informationen
Das Tetralemma ist eine systemische Strukturaufstellung. Sie stammt ursprünglich aus der indischen Logik und wurde von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer als Instrument für den Coaching-Einsatz adaptiert.
Insa Sparrer, Matthias Varga von Kibéd: Ganz im Gegenteil. Tetralemmaarbeit und andere Grundformen Systemischer Strukturaufstellungen – für Querdenker und solche, die es werden wollen. 6. Auflage. Carl-Auer Systeme Verlag, Heidelberg 2016.